Die Ureinwohner von Gran Canaria – Das Erbe der Guanchen in Telde
Wenn ich durch die alten Pfade von Telde gehe, spüre ich die Geschichte förmlich unter meinen Füßen. Dieser Ort im Osten von Gran Canaria war einst eines der wichtigsten Zentren der Guanchen – der Ureinwohner der Kanarischen Inseln. Lange bevor die Spanier im 15. Jahrhundert auf der Insel landeten, war Telde das politische und spirituelle Herz eines stolzen Volkes, das im Einklang mit der Natur lebte.
Telde – Das Herz des alten Königreichs
Vor der Eroberung war Telde Sitz eines der beiden Königreiche von Gran Canaria. Die Insel war in zwei Herrschaftsgebiete unterteilt: Tamarán im Norden und Telde im Süden und Osten. Hier lebten die Guanchen unter der Führung ihrer „Guanarteme“, einer Art Stammeskönige, die über Land, Ernte und Recht wachten. Diese Herrscher residierten in Höhlenpalästen, die tief in den Felsen geschlagen waren – beeindruckende Zeugnisse, die man heute noch besichtigen kann.
Archäologische Schätze: Tufia und Cuatro Puertas
Besonders bekannt sind die Fundstätten von Tufia und Cuatro Puertas. In Tufia, nur wenige Kilometer von der Küste entfernt, finden sich Überreste einer alten Siedlung mit Wohnhöhlen, Vorratskammern und heiligen Stätten. Das Leben hier war einfach, aber gut organisiert – die Guanchen nutzten die natürlichen Höhlen der Vulkangesteine und bauten sie zu stabilen Unterkünften aus.
Noch eindrucksvoller ist Cuatro Puertas, ein heiliger Ort, der hoch über Telde thront. Hier befinden sich in den Felsen gehauene Räume, Altäre und rituelle Plattformen. Vermutlich diente dieser Platz als spirituelles Zentrum, in dem Feste gefeiert, Götter verehrt und wichtige Entscheidungen getroffen wurden. Wenn man heute an einem stillen Nachmittag dort steht, kann man die besondere Energie dieses Ortes förmlich spüren – ein Stück lebendige Geschichte.
Die Kultur der Guanchen
Die Ureinwohner Gran Canarias lebten in Gemeinschaften, betrieben Ackerbau und Viehzucht und entwickelten ein erstaunlich stabiles Gesellschaftssystem. Sie bauten Getreide, Feigen und Hülsenfrüchte an und hielten Ziegen, Schafe und Schweine. Ihre Religion war eng mit der Natur verbunden. Sonne, Mond und Berge galten als heilige Symbole des Lebens. Besonders Frauen nahmen in religiösen Zeremonien eine wichtige Rolle ein.
Auch das Handwerk war hochentwickelt: Keramik, Schmuck und Werkzeuge aus Stein oder Knochen wurden kunstvoll hergestellt. Noch heute sind viele dieser Gegenstände im Museum León y Castillo in Telde zu sehen – ein Besuch, der sich für jeden lohnt, der das alte Gran Canaria verstehen möchte.
Der Wandel durch die Eroberung
Im Jahr 1483 fiel Gran Canaria nach jahrelangen Kämpfen an die spanischen Eroberer. Mit ihnen kamen neue Sitten, Religionen und Machtstrukturen. Viele Guanchen starben in den Kriegen oder wurden versklavt. Doch ihr Erbe blieb bestehen – in den Bräuchen, den Ortsnamen und dem unerschütterlichen Stolz der Inselbewohner.
Heute wird in Telde und auf der ganzen Insel versucht, dieses kulturelle Erbe zu bewahren. Jedes Jahr finden Ausstellungen, archäologische Projekte und Gedenkveranstaltungen statt, um das Wissen über die Ureinwohner zu vertiefen und ihre Geschichte lebendig zu halten.
Ein Ort der Erinnerung
Wenn Sie Telde besuchen, nehmen Sie sich Zeit für einen Abstecher nach Cuatro Puertas oder Tufia. Gehen Sie die Stufen hinauf, berühren Sie die Felsen und schauen Sie hinaus aufs Meer – so wie es die Guanchen vor Jahrhunderten getan haben. Hier verbindet sich Vergangenheit mit Gegenwart, Geschichte mit Gefühl.
Fazit
Telde ist weit mehr als eine moderne Stadt. Es ist ein Ort, an dem die Geschichte der Guanchen weiterlebt – sichtbar in den Höhlen, spürbar in der Landschaft und präsent im Bewusstsein der Menschen. Wer verstehen will, woher Gran Canaria kommt, muss hier beginnen: im alten Königreich von Telde, im Herzen der Inselgeschichte.
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