Das kleines Sevilla der Kanarischen Inseln

Gran Canaria Telde
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Warum wurde Telde im 16. Jahrhundert als „kleines Sevilla“ der Kanarischen Inseln bezeichnet?

Telde ist heute die zweitgrößte Stadt Gran Canarias mit rund 102.500 Einwohnern. Doch im 16. Jahrhundert war sie das wichtigste Handelszentrum der Kanarischen Inseln. Daher erhielt sie den Beinamen „kleines Sevilla“. Denn im Gegensatz zu Las Palmas verfügte Telde bereits über zwei Naturhäfen. Über diese Häfen – La Madera und Gando – verschifften bis zu 20 Schiffe gleichzeitig Zucker nach Sevilla und Flandern. Laut dem Historiker Jesús Emiliano Rodríguez Calleja zeigt diese Bezeichnung den weltoffenen Charakter der Stadt. Denn hier lebten Kaufleute, Handwerker und Seefahrer aus ganz Europa zusammen.

Fakten auf einen Blick: Telde – Das „kleine Sevilla“ der Kanaren
Kategorie Details
Blütezeit Erste Hälfte des 16. Jahrhunderts (1500–1550)
Hauptgut Zucker aus lokalen Mühlen (Ingenios)
Handelspartner Sevilla, Flandern (Antwerpen, Brüssel), Portugal
Naturhäfen La Madera (La Garita) und Gando
Schiffe Bis zu 20 Handelsschiffe gleichzeitig
Dokumente 1.103 Taufregister (1503–1552)
Denkmalschutz Seit 1981 geschütztes Ensemble

Was machte Telde im 16. Jahrhundert zur „Sevilla der Kanaren“?

Telde wuchs nach der spanischen Eroberung im Jahr 1483 schnell zum Wirtschaftszentrum der Insel. Dafür gab es zwei Gründe. Erstens lag die Stadt günstig an der Ostküste mit zwei natürlichen Häfen. Zweitens bot die fruchtbare Ebene Vega Mayor beste Bedingungen für den Zuckeranbau. Daher ließ der Eroberer Cristóbal García del Castillo hier die ersten Zuckermühlen bauen. Dadurch kam der Ort zu großem Reichtum.

Las Palmas hatte damals noch keinen ausgebauten Hafen. Deshalb wickelte Telde den gesamten Überseehandel ab. Von den Häfen La Madera und Gando segelten Schiffe mit Zucker nach Sevilla. Sevilla war damals der einzige Hafen für den Amerikahandel. Von dort ging die Ware weiter nach Flandern. Im Gegenzug kamen Kunstwerke, Stoffe und religiöse Gegenstände auf die Kanaren.

„Das Telde der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts kann als das kleine Sevilla der Kanaren gelten. Natürlich in kleinerem Maßstab und unter Beachtung aller Unterschiede.“

Jesús Emiliano Rodríguez Calleja, Historiker, Universität Las Palmas de Gran Canaria

Welche Dokumente belegen Teldes Bedeutung als Handelsstadt?

Die Pfarrkirche San Juan Bautista bewahrt 1.103 Taufregister aus den Jahren 1503 bis 1552 auf. Diese Dokumente geben einzigartige Einblicke in das damalige Leben. Laut dem Cabildo de Gran Canaria gehören sie zu den ältesten Kirchenbüchern der Insel. Nur die Register der Kathedrale in Las Palmas sind älter. Besonders interessant sind die Berufsangaben in den Einträgen. Denn sie zeigen eine sehr entwickelte Wirtschaft. Es gab Zuckerbäcker, Schmiede, Fassbinder und Weber. Außerdem lebten viele Kaufleute in der Stadt. Diese arbeiteten als Vertreter großer flämischer Handelshäuser.

Der Historiker Pedro Agustín del Castillo schrieb im 17. Jahrhundert über Telde. Er notierte: „Telde war ein reicher Ort mit viel Handel zur Zeit des Zuckers. In seinen Häfen lagen sechzehn bis zwanzig Schiffe gleichzeitig.“ Diese Zahl war für damalige Verhältnisse sehr hoch. Folglich war Telde der wichtigste Hafen zwischen Europa, Afrika und der Neuen Welt.

Welches Kulturerbe hat der Zuckerhandel hinterlassen?

Der Handel mit Flandern brachte nicht nur Reichtum. Er brachte auch einzigartige Kunstschätze nach Telde. Das wichtigste Zeugnis dieser Zeit ist der flämische Altar in der Basilika San Juan Bautista. Cristóbal García del Castillo stiftete ihn vor 1515. Der Altar besteht aus Eichenholz und zeigt sechs Bildfelder. Insgesamt trägt er 27 eingebrannte Siegel der Stadt Antwerpen. Diese Hand war das Markenzeichen der dortigen Schnitzer.

Im Jahr 2024 wurde der Altar drei Monate lang restauriert. Der Restaurator Iván Arencibia Rivero leitete die Arbeiten. Er nannte den Altar „ein Juwel von Weltrang“. Das Projekt wurde gemeinsam bezahlt. Daran beteiligten sich die Regierung der Kanaren, das Cabildo de Gran Canaria und die Diözese.

„Die flämischen Kunstwerke auf den Kanaren erklären sich durch den Zuckerhandel. Denn dieser verband die Inseln im 15. und 16. Jahrhundert mit den Märkten Nordeuropas.“

Cabildo de Gran Canaria, Abteilung Kulturerbe

Welche weiteren Kunstschätze gibt es in Telde?

Neben dem Hauptaltar gibt es einen weiteren Schatz in der Basilika. Es ist das Triptychon der Hirtenanbetung von Lambert Lombard aus Lüttich. Dieses Ölgemälde auf Holz stammt aus dem Jahr 1535. Es zeigt drei Szenen: die Anbetung der Hirten, die Anbetung der Könige und die Verkündigung. Auf den Außenflügeln sieht man den Heiligen Christophorus und den Stifter selbst.

Ebenso bemerkenswert ist der Santo Cristo de Telde. Diese Christusfigur ist 1,80 Meter groß. Sie kam zwischen 1550 und 1555 aus Mexiko nach Telde. Kunsthandwerker aus Michoacán fertigten sie in einer besonderen Technik. Sie verwendeten eine Paste aus Mais. Daher wiegt die Figur trotz ihrer Größe nur 6,5 Kilogramm. So verbindet sie das flämische Erbe mit der Neuen Welt.

Wie kann man das alte Telde heute erleben?

Der beste Startpunkt ist das Viertel San Juan. Dort steht auch das Rathaus an der Plaza de San Juan. Die Basilika San Juan Bautista erreichen Sie von dort in wenigen Minuten zu Fuß. Papst Paul VI. erhob sie 1973 zur Basilica minor. Der Eintritt ist kostenlos. Die Kirche öffnet montags bis freitags von 9:00 bis 20:00 Uhr. Samstags ist sie von 10:00 bis 20:00 Uhr geöffnet. An Sonn- und Feiertagen können Sie sie von 10:00 bis 13:00 Uhr besuchen.

Gleich nebenan liegt das Viertel San Francisco. Es gilt als eines der ältesten Siedlungen der Kanaren. Dort finden Sie enge Gassen mit weiß gekalkten Häusern und traditionellen Ziegeldächern. In der Klosterkirche San Francisco steht ein Barock-Christus aus Sevilla aus dem frühen 17. Jahrhundert. Außerdem lohnt sich ein Besuch im Casa Museo León y Castillo. Das ist das Geburtshaus der berühmten Brüder Fernando und Juan de León y Castillo. Beide Viertel stehen seit 1981 unter Denkmalschutz.

Wie hat sich Telde seit dem 16. Jahrhundert entwickelt?

Im späten 16. Jahrhundert ging die Zuckerindustrie zurück. Der Grund war die Konkurrenz aus der Karibik. Dadurch verlor Telde seine Vormachtstellung an Las Palmas. Dennoch blieb die Stadt lange Zeit Verwaltungssitz für den Süden der Insel. Heute ist Telde mit 102.487 Einwohnern (Stand Januar 2023) die zweitgrößte Gemeinde Gran Canarias. Die Bevölkerungsdichte liegt bei 995,85 Einwohnern pro Quadratkilometer.

Laut dem Instituto Nacional de Estadística (INE) hat sich 2023 etwas Wichtiges geändert. Denn nach Jahren des Rückgangs stieg die Einwohnerzahl erstmals wieder. Der Zuwachs betrug 15 Personen. Dabei zogen vor allem Frauen zu (+94). Die Küstenorte Melenara, La Garita und Salinetas wachsen besonders stark. Diese waren einst Teldes historische Hafenbereiche. Gleichzeitig bewahrt das alte Zentrum seinen kulturellen Charakter.

Häufige Fragen (FAQ)

Warum wurde Telde als „kleines Sevilla“ der Kanaren bezeichnet?

Telde bekam diesen Namen im 16. Jahrhundert. Denn die Stadt war der wichtigste Hafen der Kanaren. Sie wickelte den Zuckerexport nach Sevilla und Flandern ab. Las Palmas hatte damals noch keinen Hafen. Daher lagen bis zu 20 Schiffe gleichzeitig in Telde vor Anker.

Wo liegt Telde auf Gran Canaria?

Telde liegt an der Ostküste Gran Canarias. Die Stadt ist etwa 12 Kilometer von Las Palmas entfernt. Außerdem grenzt sie an den internationalen Flughafen. Sie erstreckt sich von der Küste bis zur fruchtbaren Ebene Vega Mayor.

Wie viele Einwohner hat Telde heute?

Laut INE hat Telde 102.487 Einwohner (Stand Januar 2023). Damit ist es die zweitgrößte Stadt Gran Canarias. Übrigens ist Telde größer als deutsche Städte wie Cáceres, Lugo oder Girona.

Was ist der flämische Altar in der Basilika San Juan Bautista?

Der Altar ist ein Flügelaltar aus Eichenholz mit sechs Bildfeldern. Er kam vor 1515 aus Flandern nach Telde. Der Altar zeigt Szenen aus dem Leben Marias. Außerdem trägt er 27 Qualitätssiegel der Antwerpener Schnitzer. Fachleute nennen ihn ein „Juwel von Weltrang“.

Wer war Cristóbal García del Castillo?

Cristóbal García del Castillo war ein spanischer Eroberer. Er gilt als Gründer des modernen Telde nach 1483. Außerdem baute er die ersten Zuckermühlen. Darüber hinaus stiftete er den flämischen Altar und bezahlte Teile der Basilika.

Welche Sehenswürdigkeiten sollte man im alten Telde besuchen?

Besonders sehenswert ist die Basilika San Juan Bautista mit dem flämischen Altar und dem Cristo de Telde. Ebenso lohnt sich das Viertel San Francisco mit seiner alten Bauweise. Außerdem gibt es die Klosterkirche und das Casa Museo León y Castillo. Der Eintritt zur Basilika ist kostenlos.

Wann ist die Basilika San Juan Bautista in Telde geöffnet?

Die Basilika öffnet montags bis freitags von 9:00 bis 20:00 Uhr. Samstags ist sie von 10:00 bis 20:00 Uhr zugänglich. An Sonn- und Feiertagen können Sie sie von 10:00 bis 13:00 Uhr besuchen. Der Eintritt ist kostenlos.

Wie komme ich vom Flughafen Gran Canaria nach Telde?

Der Flughafen liegt nur 8 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Mit dem Mietwagen dauert die Fahrt etwa 15 Minuten über die GC-1. Alternativ können Sie auch Busse der Linie Global nehmen.

Was ist der Santo Cristo de Telde?

Der Santo Cristo ist eine 1,80 Meter hohe Christusfigur aus Mexiko. Sie kam zwischen 1550 und 1555 nach Telde. Kunsthandwerker aus Michoacán fertigten sie aus Maispaste. Daher wiegt sie nur 6,5 Kilogramm. Im Jahr 2025 traf sie erstmals seit 25 Jahren auf die Virgen del Pino.

Steht das alte Telde unter Denkmalschutz?

Ja, die Viertel San Juan und San Francisco stehen seit 1981 unter Denkmalschutz. Außerdem wurde die Kirche San Pedro Mártir schon in den 1970er Jahren zum Nationaldenkmal erklärt. Beide Viertel zeigen echte kanarische Bauweise aus der Kolonialzeit.

Aktualisiert am: um 10:00 Uhr

Autor: Jorge berichtet seit über 15 Jahren von den Kanarischen Inseln. Er kennt die Geschichte und Kultur der Region aus erster Hand.